1969: Verschwisterung mit Saint-Savin
Der ersten Verschwisterung Heusenstamms war eine längere „Findungsphase“ vorausgegangen: Eingeleitet wurde sie durch eine Anfrage des Magistrats von Heusenstamm an den Rat der Gemeinden Europas am 15.5.1963. Der Bundestagsabgeordnete Gerhard Flämig, gleichzeitig Präsidialmitglied des Rates der Gemeinden Europas, schlug dann zusammen mit dem Mitglied der französischen Nationalversammlung, Fernand Chaussebourg, den Kanton Saint-Savin als mögliche Partnergemeinde vor. Am 8.4.1966 besuchte M. Chaussebourg mit Gattin die Stadt Heusenstamm, traf sich mit Bürgermeister Hans Hemberger und regte Bürger- und Schülerbegegnungen zum vertiefenden Kennenlernen an. Es fanden in den Folgejahren sehr intensive Begegnungen inklusive einem ersten Schüleraustausch statt, die den Boden für die endgültige Verschwisterung bereiteten; Fernand Chaussebourg sprach von einer dreijährigen „Verlobungszeit“, während der die Besucher die andere Seite kennen lernen konnten.
Bei großer Hitze, wie die Zeitungsberichte betonten, fand die feierliche Verschwisterungszeremonie am 19. Juli 1969 in Saint-Savin statt. Bemerkenswert für die 80-köpfige Delegation aus Heusenstamm war die Tatsache, dass ihre Stadt „auf einen Schlag“ mit 9 Gemeinden verschwistert war. Der enge Kontakt mit den gastgebenden Familien war ebenso beeindruckend wie das erstmalige Erlebnis eines sich über Stunden hinziehenden Fünf-Gänge-Menüs.
Geehrt wurde zu gleicher Zeit auch Hermann Elbert, der für lange Zeit – dank seiner Sprachkompetenz – der „gute Geist“ der Verschwisterung war, auf französischer Seite ergänzt durch Yvette Amirault.
In seiner Rede auf der Verschwisterungsfeier in Saint-Savin kommentierte Heusenstamms Stadtverordnetenvorsteher Ernst Lind die Schwierigkeiten der sprachlichen Verständigung mit einem Satz von André Maurois: „Man liebt keine Frau wegen der Dinge, die sie sagt – man liebt, was sie sagt, weil man sie liebt.“ (in: Stadtpost Heusenstamm vom 23.7.1969)
Über lange Jahre war der alljährliche Schüleraustausch zwischen dem Collège Prosper Merimée und den beiden Adolf-Reichwein-Schulen das Herz der Jumelage. Hier erwarben sich Jean Schneider (Saint-Savin) und German Bauer (Heusenstamm) besondere Verdienste. Auf Grund der demographischen Entwicklung und anderer Prioritäten bei der Fremdsprachenwahl kam der Austausch in den Neunziger Jahren vorübergehend zum Erliegen. Seit 2006 aber wurde unter der Leitung von Gabi Picard und Marie-Christine Bouffard der pädagogische Schwerpunkt vom Fremdsprachenaspekt auf gemeinsame sportliche und künstlerische Aktivität gelegt, so dass der Austausch wieder zum festen Inventar der Schulen gehört. Jugendbegegnungen, die die städtische Jugendpflege organisierte, begannen im April 1980 mit einem Aufenthalt von Heusenstammer Jugendlichen im Feriendorf La Bussière. Ab 1990 wurden daraus französisch-belgisch-deutsche Ferienfreizeiten.
Alljährlich bereichert ein Stand mit Spezialitäten aus dem Poitou den Heusenstammer Nikolausmarkt, und mindestens alle zwei Jahre begeben sich Heusenstammer Bürger auf eine Bürgerreise nach Saint-Savin.
1991: Malle
Die Partnerschaft zwischen Heusenstamm und Malle ist Folge der Verschwisterung zwischen Saint-Savin und Malle, die bereits seit 1959 besteht. Heusenstammer Bürgerinnen und Bürger durften schon seit 1980 an Aktivitäten mitmachen, die von den beiden westlichen Gemeinden durchgeführt wurden.
So erinnern sich frühere Teilnehmer noch begeistert an Auto-Rallyes, die abwechselnd in den drei Ländern ausgetragen wurden. Hierbei ging es nicht nur um Fahr-Geschicklichkeit; an den einzelnen Stationen war auch politisches und historisches Wissen gefragt. Auch kam es bereits in den Achtziger Jahren zu Auftritten von Musikvereinen in der jeweils anderen Gemeinde. So konzertierten der Kirchenchor von Maria Himmelskron und der TSV-Musikzug in Malle, aus Malle war der Paulus-Chor in Heusenstamm zu hören.
Die Verschwisterung wurde am 29. Juni 1991 in Malle von den Bürgermeistern Robert Mintjens (Malle), Josef Eckstein (Heusenstamm) und Michel Brouard (Saint-Savin) offiziell besiegelt. Die Offenbach-Post resümierte die Heusenstammer Sicht auf die „neue Schwester“: „Ein hübscher Ort, aufgeschlossene Menschen, kaum Verständigungsprobleme, das geschichtsträchtige Flandern als Umgebung, die Küste in der Nähe und eine relativ kurze Distanz zwischen beiden Orten.“ (Offenbach-Post vom 2.7.1991)
Zwischen 1990 und 2002 gab es unter Federführung der städtischen Jugendpflege Heusenstamms unter der Leitung von Richard Eder trinationale Jugendfreizeiten mit erlebnispädagogischer Zielsetzung abwechselnd in Frankreich, Belgien und Deutschland, die letztendlich organisatorisch und finanziell leider nicht mehr zu bewältigen waren.
Vielfältig sind die Beziehungen zwischen Vereinen beider Gemeinden. Kultcharakter besitzt der alljährliche Stand der „Mallenaren“ auf dem Heusenstammer Nikolausmarkt, bei dem Bürgermeister Harry Hendrickx und andere Mitglieder des Verschwisterungskomitees in Mönchskutten das vielgeliebte Trappistenbier ausschenken.
Bürgermeister Peter Jakoby über europäische Partnerschaftsbegegnungen: „Allzu schnell erliegt man der Versuchung anzunehmen, man wüsste alles über die anderen. Doch erst wenn man mit den Familien lebt, ihre Wohnungen kennen lernt und sich ihren Alltag erklären lässt, kann man die Welt mit ihren Augen sehen.“ (in: Offenbach Post vom 5.10.2004)
2001: Ladispoli
Es war die Initiative von Archino Graziosi, eines Italieners, der zeitweise in Heusenstamm gelebt hatte und nach Italien zurückgekehrt war. Er bemühte sich seit 1992 um die Verschwisterung der beiden Städte. Fußballer und der Musikzug der TSV sowie der Förderverein Sankt Cäcilia wie auch Kommunalpolitiker waren in der Folgezeit Gäste in der Stadt am Mittelmeer, vor allem auf dem traditionellen Artischockenfest, das im Frühjahr gefeiert wird. Archino Graziosi konnte die Verwirklichung seiner Bemühungen nicht mehr erleben. Er verstarb wenige Monate vor der offiziellen Verschwisterung, die am 9. Dezember 2001 in Heusenstamm stattfand. Die Bürgermeister Gino Ciogli und Josef Eckstein unterschrieben während einer Feierstunde im Saal der Vereine die Verschwisterungsurkunde.
Seitdem sind Heusenstammer Offizielle regelmäßig Gäste beim Artischockenfest, und eine Gruppe Bürger aus Ladispoli besucht jeweils Heusenstamm während des Nikolausmarkts und erfährt, dass es nördlich der Alpen auch in der dunklen Jahreszeit sehr stimmungsvoll zugeht. Der Freundeskreis Partnerstädte Heusenstamm hat mehrere Bürgerreisen in die Partnerstadt durchgeführt, auf denen die Kunst- und Kulturschätze aus der Zeit der Etrusker, der Römer, des Mittelalters und der Renaissance in und um Rom zu bewundern waren. Zwischen dem Freundeskreis und dem Gruppo Archeologico Romano di Ladispoli ist eine intensive freundschaftliche Beziehung entstanden, aus der Jugendbegegnungen aller Partnerstädte entwickelt werden sollen.
In Ladispoli erinnert seit 2003 eine „Ponte di Heusenstamm“ an die Verschwisterung mit der Stadt in „Germania“.
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